Hector Berlioz – Requiem (Grande Messe des Morts) | WDR Rundfunkchor | WDR Sinfonieorchester

Hector Berlioz’ “Grande Messe des Morts” (Requiem für Tenor, gemischten Chor und Orchester op. 5), aufgeführt
vom WDR Rundfunkchor, WDR Sinfonieorchester, Tschechischen Philharmonischen Chor Brno und Tenor Andrew Staples unter der Leitung von Dirigent Jukka-Pekka Saraste. Live aufgenommen am 18. Mai 2017 im Kölner Dom.

00:00:00 I. Requiem et Kyrie. Andante un poco lento (Chor)
00:08:35 II. Dies irae, Tuba mirum. Moderato – Allegro maestoso (Chor)
00:20:20 III. Quid sum miser. Andante un poco lento (Männerchor)
00:23:18 IV. Rex tremendae. Andante maestoso (Chor)
00:28:48 V. Quaerens me. Andante sostenuto (Chor)
00:33:19 VI. Lacrymosa. Andante non troppo lento (Chor)
00:43:18 VII. Offertorium. Moderato (Chor)
00:51:38 VIII. Hostias. Andante non troppo lento (Männerchor)
00:54:50 IX. Sanctus. Andante un poco sostenuto e maestoso (Tenor, Chor)
01:05:29 X. Agnus Dei. Andante un poco lento (Chor)

Andrew Staples, Tenor
Tschechischer Philharmonischer Chor Brno
WDR Rundfunkchor Köln
Philipp Ahmann, Einstudierung
WDR Sinfonieorchester Köln
Jukka-Pekka Saraste, Leitung

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○ Werkeinführung
Am 5. Dezember 1837 sind unter der Kuppel des Pariser Invalidendoms mehr als 400 Musiker und Sänger versammelt. Der Staat trauert um den im Kampf gefallenen Militärgouverneur des besetzten Algerien. In der Kirche stehen 200 Chorsänger bereit, ein Solist, rund 180 Instrumentalisten im Hauptorchester und weitere vier Blasorchester. Hector Berlioz denkt wie immer in großen Maßstäben. Musik, davon ist er überzeugt, ist keine körperlose Kunst. Schallwellen breiten sich nicht im Geist aus, sondern im konkreten Raum.

Die »Grande Messe des Morts« lässt er mit einer schlicht aufsteigenden Tonleiter beginnen. Die Massen stehen bereit, doch es spielen – unisono – nur Bläser und Streicher. Berlioz beweist Mut zur Reduktion. Nach dem ersten Aufleuchten der Violinen im »Lux aeterna« schließt fast tonlos das
»Kyrie eleison« an. Ein tiefer Sprechgesang der unbegleiteten Männerstimmen im dreifachen piano. Das »Dies irae« eröffnen in kindlicher Unschuld die Soprane, lediglich begleitet von den Holzbläsern. Am Anfang dieses längsten Satzes bricht nicht das erwartete Chaos der Apokalypse aus. Nur langsam steigert sich die Satzdichte bis zum »Tuba mirum«. Erst jetzt schicken die Blechbläserensembles, die das große Orchester an allen vier Ecken in die Breite ziehen, ihre Signale in den Raum. Hier geht es nicht um kontrapunktische Finessen, sondern um die Vermessung und Erschließung des Raums. Mit dem Beginn des »Tuba mirum« setzt schließlich auch das große Aufgebot der insgesamt 16 Pauken ein. Zusammen mit großen Trommeln und Tamtams erfüllen sie die Kirche mit einer Mixtur aus Urweltgeräusch und Sphärenharmonie. Sein »Dies irae« konfrontiert mit der »gigantischen Erhabenheit«, die Berlioz im Text vorgeprägt fand. Auf dessen Höhepunkt setzt Berlioz der akustischen Macht des immensen Klangkörpers nur eine einzige Melodie der Chorbässe entgegen: es sind Kontraste wie dieser, aus denen er das Drama des »Requiems« entwickelt. Nur selten setzt er alle Mittel zugleich ein. Meist wählt er nur wenige, allerdings stark besetzte Stimmen und lässt die Mehrheit schweigen. Auch die Präsenz der oft schweigenden Mehrheit gehört zum Konzept seiner Dramaturgie.

Auf die Reduktion und Askese des »Quid sum miser« für Männerchor und je zwei tiefe Holzbläser und Streicherstimmen folgt im »Rex tremendae« wieder maximale Prachtentfaltung. Der vielstimmige Massenklang besetzt den Tonraum und die Architektur in ihrer gesamten Höhe, Breite und Tiefe. Das anschließende »Quaerens me« für dreistimmigen Chor a cappella wirft die Hörer dann wieder auf sich selbst und ihre vergleichsweise marginale Größe zurück. Im »Lacrymosa« markieren kurze Paukenschläge das Nahen des Jüngsten Gerichts. Paukendonner untermalt sanft schaukelnde Chorfragmente. Berlioz zeichnet eine opernhafte Szene. Das »Requiem« ist keine Musik, deren Nähe sich das Publikum erarbeiten muss. Berlioz zielt auf Überwältigung durch Massenklänge und den Wechsel zwischen Stille und raumfüllender Monumentalität. In der Orchesterlandschaft des »Offertorium« deklamiert der Chor seinen Text einstimmig, wie eine Gemeinde beim Gebet. Das ausgedehnte »Sanctus« mit Tenorsolo steigert sich in eine dicht instrumentierte Fuge, bis die Bläser im »Agnus Dei« einen gewaltigen Orgelklang simulieren. Der Männerchor alterniert mit den Farbharmonien dieser virtuellen Kirchenorgel. Die Frauenstimmen fächern den Chorpart in die Höhe auf, bis sich das Amen über sanften Streicherwellen in der Ferne verliert.
(Text: Martina Seeber)

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