Dmitrij Schostakowitsch – Kammersinfonie op. 83a | Andris Poga | WDR Sinfonieorchester

Dmitrij Schostakowitschs Kammersinfonie op.83a, bearbeitet von Rudolf Barschai, gespielt vom WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Andris Poga. Live aufgezeichnet am 15.01.2021 in der Kölner Philharmonie.

Dmitrij Schostakowitsch/Rudolf Barschai – Kammersinfonie op. 83a

00:00:00 I. Allegro
00:04:38 II. Andantino
00:12:58 III. Allegretto
00:17:32 IV. Allegretto

Mitwirkende:
WDR Sinfonieorchester
Andris Poga, Leitung

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○ Werkeinführung:
Dmitrij Schostakowitschs Musik ist ein Spiegel. In ihr ist die Welt ablesbar, nicht immer direkt, aber gebrochen, nicht ein-, sondern in der Regel mehrdeutig. 1949 schreibt er sein viertes Streichquartett, das der russische Dirigent und Bratschist Rudolf Barschai zur Kammersinfonie op. 83a bearbeitet hat. Es ist ein stilles, ein introvertiertes Werk ganz ohne jene rabiaten Rhythmen, in denen Schostakowitsch oft bitterbösen Sarkasmus versteckt angesichts des Regimes unter Stalin. Der Diktator war Antisemit, und so dürfte ihm Schostakowitschs viertes Streichquartett mit seinen Anklängen an jüdische Musik ebenso wenig gefallen haben wie dessen Worte: »Die Juden wurden
zum Symbol für mich. Die ganze Wehrlosigkeit des Menschen verdichtete sich in ihnen. Jüdische Volksmusik ist fast immer Lachen unter Tränen.«

Lange wirkt dieses Streichquartett ziellos, in seinem ruhigen Duktus fast schmerzhaft. Erst im letzten Satz kommt es zum jüdischen Thema des Stücks: Tänze erklingen im Klezmer-Stil, einen Funken Hoffnung versprüht ein befreiender Höhepunkt. Schostakowitsch komponierte das Werk quasi für die Schublade. Eine Aufführung war schlicht zu riskant, erst 1953 kam es nach
Stalins Tod zur Uraufführung. Rudolf Barschai war nicht nur ein Kollege, sondern auch ein Freund von Schostakowitsch. Nach ersten Bearbeitungen seiner Streichquartette durch Barschai war Schostakowitsch so begeistert, dass er ihn zu weiteren kammerorchestralen Fassungen motivierte. Die Einrichtung des vierten Quartetts gelang sehr feinfühlig: Obwohl es – der relativ kleinen Besetzung zum Trotz – an manchen Stellen klingt wie ein großes Orchester, behält Barschai doch den intim-zurückhaltenden Gestus bei. Barschai erkannte die Thematik im vierten Quartett sofort. Über ein Gespräch mit Schostakowitsch berichtete er, der Komponist sei sehr zufrieden darüber, »dass jemand das versteht. Aber dann beherrschte er sich sofort und schloss sich völlig ab. Er sah nach unten und sagte ganz kalt und scharf: ›Aber das bedeutet nichts, das ist Musik, das ist
alles.‹ Da war mir alles klar.«
(Text: Torsten Möller)

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